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2018 Von Bumerangs, Schneekugeln, Rewinds, News and Slow Forwards Oder: Plan B.

 

 

Fast ist es geschafft, das alte Jahr, das mir aber, weil es so schnell vorbeisauste wie ein Intercity, hinter dem ich manchmal nur herlaufen oder dessen Schienen ich folgen konnte, noch gar nicht so alt vorkommt. Aber gut, zugegeben, ich selbst komme mir auch gar nicht so alt vor, obwohl der Spiegel und manches Foto etwas ganz anderes sagen, genauso wie die komische Zahl 50, die seit Juni zu mir gehören soll. Was schert es mich?

 

Ich hab ´ne gute Zeit. Und das ganz bewusst.

 

„Wie war das Jahr für dich?“, fragte mich unlängst meine Freundin. Darüber musste ich erst einmal nachdenken. Wäre es eine Vollkatastrophe gewesen, hätte ich das wie aus der Pistole geschossen beantworten können. Aber so…? Och eigentlich… ganz gut?

 

War der Jahresauftakt eine (gesundheitlich) ziemliche Tieffahrt, die wie ein Kaffeefleck noch einige dunkle Spritzer für das Restjahr übrig hatte, kam die ganze Chose doch irgendwie noch in Schwung und damit auch ich selbst. Ich weiß nicht, wie es euch da draußen an den Geräten geht, aber kennt ihr das auch? Nicht-aus-dem-Quark-kommen-und-diese-Lethargie-enfach-auch-mit-Chips-füttern, während man mit der Couch oder dem Bett verwächst?

 

Falls nicht, macht nix, falls ja, werdet auch ihr festgestellt haben, dass trotzdem noch was geht. Irgendwann. Wenn Körper und Seele (in diesem Falle zu mir) sagen: „So, jetzt aber mal den Arsch hoch und was getan! Geh unter Menschen, geh raus, fahr weg, kuck dir die Landschaft an, freu dich, sei dankbar, schreib! Letzteres ist periodisch sowieso ein Automatismus, der mir glücklicherweise geschenkt wurde und der mich, ebenfalls glücklicherweise, aufrecht hält und immer weitermachen lässt. Da hat wohl jeder etwas anderes, vielleicht den nächsten Marathon, das nächste große geschäftliche Ding, noch ne weitere Frau oder `nen Typen aufreißen, die Kinder aufwachsen sehen, endlich den perfekten Kuchen backen und so etwas eben.

 

Und dabei war das alles gar nicht so einfach, bei Dauersonne und Temperaturen um den Siedepunkt herum. Jetzt, wo endlich das Grau und der Regen wieder einigermaßen deutsch-normal herrschen, blicke ich trotzdem liebevoll auf die Hitze zurück. Unterwäsche und Kleidchen an und ab dafür – das war mal wirklich praktisch und ging fix des Morgens. Im Rhein plantschen. Ins Strandbad fahren, zum ersten Mal in meinem Leben, und ins Freibad, nach langer langer Zeit. Und da sind wir bei den Rewinds: Freibad wie früher, Kirmes und Autoscooter, auf dem ich die ganze Zeit nur gelacht habe, so einen Spaß hat das gemacht, Boule spielen, Kickern, niveauflexibel sein. Erst Vernissage, dann Borussenkneipe mit lecker selbstgebrautem Bier und eben dem Kicker. Dazu braucht es die richtigen Menschen im Umfeld, die keinen Aufriss machen, sondern einfach mit, oder das alles initiieren, und das ist soo entspannt und gleichzeitig anregend. Und da kommt die bewusst gute Zeit: Ich hatte Bock auf Bock haben und Lachen und Leichtigkeit. Trübsal und Schwere kenne ich zur Genüge, sonst würde ich nicht ständig jemanden zum Lachen bringen wollen. Gut, wenn das Leben oder die Mitmenschen MICH mal zum Lachen bringen.

 

News waren für mich, apropos Mitmenschen, dass die, die mir immer die Zähesten und Stärksten  zu sein schienen, auf einmal bei mir angekuschelt kamen. Nur zu gerne, das macht mich stolz und glücklich. Und überhaupt die Erkenntnis, dass ich viel zu lange an meinen Schwächen herumgenagt habe, obwohl die Stärken doch ebenso ganz klar auf der Hand liegen. Man wird eben so alt wie eine Kuh… Ihr kennt das.

 

Und noch etwas zu den Mitmenschen: So, wie manche Dinge, die ich ewig nicht getan habe, zu mir zurückkamen, oder die ich mir bewusst holte, kamen auch Menschen zu mir zurück. Wie Bumerangs. Die wollte ich aber eigentlich gar nicht zurückbekommen und trotzdem tauchten sie als Telefonnummer, Nachricht oder direkt in Persona bei mir auf. Das hatte ich so nicht bestellt. Manches ist eben vorbei und das ist gut so. Mehr als gut. Besser und am besten. Für mich mal wieder genügend Anlässe, um mit dem Kopf zu schütteln und mich köstlich zu amüsieren.

 

Nein, ich will nicht mehr und nie mehr in spezielle Situationen mit speziellen Menschen zurück, selbst wenn ich deren Wahnsinn teilweise nur virtuell abbekam. Wer sich gehackt legen konnte, hat/te auch als Frikadelle keine Chance mehr auf einen Platz in meinem kleinen Dasein. Da bin ich aber auch mal eigen! Dass ich so merkwürdig und egoistisch bin, mich mit niemandem mehr zu belasten, der mir schadet! Kennt ihr vielleicht auch.

 

Und ein weiteres Rewind: Nach ein bisschen Punk und Geruckel haben sich nun auch wieder die Personen eingefunden, die wohl für mich die besten sind, oder, bescheidener gesagt, für die vielleicht ich wichtig, geeignet, gut bin, oder was auch immer, und ein/e jede/r ist am richtigen Platz und umgekehrt, so fühlt es sich zumindest an, ich auch.

 

Selbst ein Bumerang seiend, habe auch ich mich tatsächlich bei alten Freunden gemeldet, zu denen der Kontakt lange, aber nie gewollt oder bösartig, abgebrochen war. Das Wiedersehen war so prompt wie möglich und herzlicher denn je, als hätten wir uns gestern das letzte Mal gesehen. Man kennt solche Stories, sie sind auf den ersten Blick nichts Besonderes. Doch für mich sind sie das.

 

News waren außerdem ein Besuch bei einer lieben Facebookfreundin in Hamburg, ein Besuch, der hoffentlich bald erwidert wird und generell die Tatsache, dass virtuelle Bekanntschaften durchaus Fleisch, Blut und Nachhaltigkeit beinhalten können, das ist doch herrlich, oder?

 

Herrlich ist auch, da sind wir bei einer Mischung aus News, Rewind und (Fast) Forward, wenn Amor sein Ritalin vergisst, oder sich

` ne Buddel voll Gin oder so an den Kopp gesetzt hat, und er seine kleinen Pfeile auf Menschen schießt, die dann kucken können, wie sie aus der Situation wieder herauskommen. Ich höre ihn noch kichern. Na ja, am Ende ist er auch nur ein dicker kleiner Putto und dazu noch nackig. „Wat willst du eigentlich??“, könnte man da sagen. Aber schade war es trotzdem, dass es nur ein Ulk von ihm gewesen ist. „Und wieder einmal lehrreich“, sagte die Spätzünderin.

 

Womit wir beim Slow Forward sind. Irgendwann fiel mir auf, dass ich ständig meinte: „Wer A sagt, muss auch B sagen, das hier ist eben mein B – und dann feststellte, dass ich es zwar sagte und irgendwie lebte, tatsächlich aber keinen PLAN B in petto hatte noch habe.

 

Deshalb gibt es da schon einen ein Job im neuen Jahr. Ob ein gescheiter Plan B dabei herauskommt, werde ich dann als Erste erfahren.

 

Schließlich die Schneekugel: Das Umfeld, in  welchem ich kleiner Erdenwurm mich bewege. Alles gut, schön und prima und schick und nicht austauschbar. Auf keinen Fall und bitte nicht!

 

Doch es wird langsam wieder mal Zeit, diese kleine Welt zu verlassen, in der mal was los ist, wenn die Kugel geschüttelt wird und die Kunstschneeflöckchen herumstieben, die aber auch so eingegrenzt ist, wie die Trueman Show. Es fühlt sich manchmal so an. Mal ist es Geborgenheit, mal Enge.

 

Wie, wohin, wovon, wie lange, ich weiß es nicht. Doch es ist immer gut, Pläne und Ziele zu haben. Und Wünsche. Wunschlos glücklich zu sein stelle ich mir vor wie die Hölle.

 

Und jetzt ist da so ein Flow, beim Schreiben, beim Leben und beim Lieben. Liebe existiert ja nicht nur in einer Beziehung zu einem Partner, sondern eben auch zwischen den Menschen, die einander Freunde oder Familie sind und manchmal habe ich das Gefühl, dass jemand ein Füllhorn mit ganz vielen Herzileins über mich schüttet und alles ist blumig und hoch emotional und wunderbarer als Feld voller Duftrosen und ach… aber die Teufelshörnchen sind trotzdem noch auf meinem Kopf und manchmal brechen sie durch. Und auch das ist gut so. Und überhaupt sage ich des Öfteren und des Gerneren:  "Es ist nicht alles super, aber vieles gut."

 

 

Und gut sind die kleinen Erfolge, die ich hatte, beim Schreiben, beim Herausbringen zweier Bücher und dem Realisieren meiner Website, das alles natürlich!! mit professioneller Hilfe aber eigenem Zutun, und einfach beim Weitermachen, obwohl ich manchmal alles an die Wand werfen wollte. Beim Heraushauen einer neuen Adventsgeschichte, neben einer fetten Erkältung, Arbeit, Mama und Hausfrau sein und sich ein bisschen um ein paar geliebte Menschen sorgen. Und die Erfolge und auch das Abstrampeln und sich-den-Arsch-aufreißen der anderen blieben mir selbstverständlich nicht verborgen. Ich ziehe meinen Hut vor meinen Freundinnen, die ihr (neues) Business wuppen, die mutig waren und sind. Seid stolz auf euch! Ich bin es!!

 

Kennt ihr, oder?? Was waren eure Erfolge? Euer Glück? Und: Seid ihr auch so froh, wenn endlich alle Feiertage vorüber sind und die überbordende und überfrachtete Deko und der ganze Fred und Feuerstein? Obwohl Weihnachten viel netter war, als befürchtet?

 

Ich freue mich darauf, bald wieder den Baum abzuschmücken, den Behang im Keller zu verstauen, einen Strauß weißer Tulpen zum Entflashen in eine Vase zu stellen und in ein hoffentlich gutes Jahr zu starten. Vorsichtig und neugierig. Ich hoffe, es wird für uns alle ein gutes.

 

Viel Glück und vielleicht einen guten Plan B für euch!

 

Foto: Unsplash

 

Kommentare: 2
  • #2

    Vera (Freitag, 18 Januar 2019 10:09)

    Freu mich immer, wenn ich deine Texte lese. So fein geschrieben. Danke dafür.

  • #1

    Sylvia Heck (Sonntag, 30 Dezember 2018 22:53)

    Liebe Frau Windges
    Mit Freude habe ich Ihren Artikel gelesen und ich wünsche Ihnen für das neue Jahr das Plan A in Erfüllung geht, wenn nicht gibt´s ja noch Plan B. Und ja es stimmt, das Jahr wahr viel zu schnell vorbei, gestern noch heißer Sommer und morgen Silvester. Aber um so älter ich werde ( ich gehe auf die 60 zu) um so schneller vergeht die Zeit. Leider beginne ich das Jahr mit einer Schulter OP ( bekomme ein neues Gelenk) und hoffe danach noch mal eine Arbeit zu finden. Ich habe ja nur 40 Jahre gearbeitet und möchte die letzten Jahre gerne noch was tun. Ihre Geschichten haben mich an einigen Tagen sehr zum lachen gebracht und an manchen auch zum nachdenken. Leider muss ich jetzt wieder bis zur Adventszeit warten, bis die Geschichte weiter geht. Alles Gute für Sie und Ihre Tochter.
    Sylvia Heck